Oklahoma: Gedenken an Rassenunruhen vor 100 Jahren
Neues Museum erinnert an Tulsa Race Massacre von 1921
Oklahoma - Kultur - Geschichte
Foto: OTRD
Es ist nie zu spät: Nach 100 Jahren gedenkt die Stadt Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma einem der dunkelsten Kapitel der US-Geschichte. Im Frühsommer 1921 zerstörte ein weißer Mob das blühende afroamerikanische Stadtviertel Greenwood, damals auch als florierende „Black Wall Street“ bekannt. Lange hat die Stadt diese Ereignisse verdrängt. Doch nun will man mit dem Greenwood Rising Development die Vergangenheit aufarbeiten und dokumentieren – getreu dem Motto der afroamerikanischen Gemeinde von Tulsa: „We’re still here 100 years later and stronger than ever!“
„Black Wall Street“
Den US-Bundesstaat Oklahoma verbindet man in erster Linie mit Amerikas Ureinwohnern, sind doch hier gleich 39 indigene Nationen zu Hause. Doch Oklahoma spielte auch im Kampf um die Bürgerrechte der Afroamerikaner eine bedeutende Rolle. So erinnert man sich in Tulsa, der zweitgrößten Metropole Oklahomas, an die Ereignisse im Frühsommer vor hundert Jahren, die als „Tulsa Race Massacre“ in die Geschichtsbücher eingegangen sind.
Am nordwestlichen Rand von Downtown Tulsa und dem Tulsa Arts District – Musikfreunden ein Begriff wegen legendärer Livemusik-Venues wie Cain’s Ballroom, Woody Guthrie Center oder Bob Dylan Center – erstreckt sich der Greenwood Historical District. Hier hatte sich im frühen 20. Jahrhundert die afroamerikanische Gemeinde um die zentrale Greenwood Avenue niedergelassen. Die Straße wurde zur wirtschaftlichen und sozialen Achse mit Geschäften, Lokalen, Unternehmen und Banken. Für Booker T. Washington (1856–1915), Pädagoge, Sozialreformer und Bürgerrechtler, war die Stadt damals das „Gelobte Land für Afroamerikaner“ und die Greenwood Avenue bezeichnete er als „Black Wall Street“.
Das blühende afroamerikanische Viertel sollte jedoch am 31. Mai und 1. Juni 1921 während der schlimmsten Rassenunruhen in der Geschichte der USA in Flammen aufgehen. Es wurde von einem weißen Mob unter Duldung von Polizei, Stadtverwaltung und weißen Persönlichkeiten der Stadt wie dem Gründer von Tulsa, W. Tate Brady, weitgehend zerstört.
Falsche Anschuldigungen
Anlass für die Übergriffe waren Fake News: Der 19-jährige afroamerikanische Dick Rowland wurde fälschlicherweise beschuldigt, die weiße Sarah Page belästigt zu haben. Bis heute weiß man wenig über die Beiden – manche behaupteten sogar, sie seien ein Paar gewesen. Um Rowland vor einem weißen Mob zu schützen, versuchten afroamerikanische Bürger den Jungen in Sicherheit zu bringen. Beim Gerangel löste sich ein Schuss aus einer Polizeiwaffe – und das Unheil nahm seinen Lauf. Fast zwei Tage wütete der Mob und am Ende waren etwa 800 Verletzte, mindestens 39 Tote –Schätzungen schwanken zwischen 75 und 300 Opfern – und über 35 zerstörte Häuserblocks die traurige Bilanz. Zudem waren etwa 6000 afroamerikanische Einwohner der Stadt über Nacht obdachlos geworden.
Lange Zeit tat sich die Stadt mit der Aufarbeitung der Ereignisse schwer, doch 2001 wurde eine Kommission zur Aufarbeitung des Tulsa Race Massacres einberufen. 2010 eröffnete dann ein Park mit Bronzeskulpturen und einem „Tower of Reconciliation“, der an die Opfer und die Ungerechtigkeiten, denen die indigenen Völker ausgesetzt waren ebenso erinnert wie an die Verdienste der afroamerikanischen Bevölkerung der Stadt. Benannt ist der John Hope Franklin Reconciliation Park, zwischen Greenwood Historic District und Tulsa Arts District gelegen, nach dem afroamerikanischen Historiker John Hope Franklin (1915–2009), der einst hier das Licht der Welt erblickte.
Foto: OTRD
Neues Museum
„Black Lives Matter“ und der 100. Jahrestag des Tulsa Race Massacre haben das Nachdenken über die Vergangenheitsbewältigung forciert. Im Rahmen des „Greenwood Rising Development“ wird zur Erinnerungsfeier am 2. Juni 2021 ein neues Greenwood Rising History Center eröffnet. In diesem Museum wird die legendäre „Black Wall Street“ ebenso im Fokus stehen wie die Aufarbeitung der traurigen Ereignisse im Frühsommer 1921.
Fire in Little Africa
Schließlich erinnert auch die Hip-Hop-Szene der Stadt mit dem Musikalbum „Fire in Little Africa“ an die Ereignisse. Künstler aus ganz Oklahoma konnten für die Produktion gewonnen werden, die unter der Ägide von Motown Records entstand. Die 21 Stücke des Albums rufen nicht nur die Ereignisse von 1921 in Erinnerung, sondern auch der langsame Wiederaufbau wird thematisiert und die Zukunft der „New Black Wall Street“. Übrigens: Das Album wurde im März 2020 in der Skyline Mansion aufgenommen, die einstige Villa von Stadtgründer Tate Brady, dem Verbindungen zum Klu Klux Klan nachgesagt wurden ...